Tramlinie-Fischermaetteli

Diskussion um Kantonsfinanzierung im Grossen Rat

Nov./Dez. 2024:
Die Finanzkommission schlug die Streichung des Kantonsbeitrags an die unrentable, überdimensionierte Linie vor. Die Umstellung auf Bus ist naheliegend, öv-technisch sinnvoll, ökologischer, und finanziell verantwortbar.
Der Grossrat nahm am 3.12.24 die Planungserklärung an und setzt u.a. auch dieses Projekt auf die Sparliste.

Die RKBM weibelte mit einem „Factsheet“, das auch von Tamedia aufgegriffen wurde, bei den Grossratsmitgliedern als Entgegnung auf unsere Argumente. Hier eine Replik:

Offizielle AussagenHaltung AG PSM
Die RKBM stellt immer wieder Probleme an der Haltestelle und Umsteigeplattform Hirschengraben in den Vordergrund, und dass diese „auch negativ in die Region auszustrahlen“ drohten.
(Medienmitteilung RKBM vom 22.11.24)
Diese Probleme sind kaum davon abhängig, mit welchem Verkehrsmittel das Fischermätteli erschlossen wird.
Für den Hirschengraben braucht es den Befreiungsschlag in Form der Zweiten Tramachse über die Bundesgasse, die in der Mitwirkung auf breiteste Zustimmung – auch durch die Stadt Bern – und Akzeptanz stiess, und in der Zweckmässigkeistbeurteilung vertieft untersucht werden muss.

Mit Umstellung auf Bus kämen kommen pro Stunde 6 Trampaare weniger und nur 2 Buspaare mehr durch den Hirschengraben.
Ferner fällt sofort und für viele Jahre die Tramwende des Weissenbühltrams im Raum Hirschengraben weg, weil es mit dem Worb-Ast verbunden werden kann.
Die RKBM bezeichnet die Abnahme der Fahrgastzahlen seit 2010 um über 50% (was zurzeit nicht einmal die Minimalanforderungen der AGV, Kantonale Angebotsverordnung) erfüllt, ernsthaft als «unproblematisch».

(Medienmitteilung RKBM vom 22.11.24)
Die Zahlen von Bernmobil belegen es eindeutig:
Selbst noch 2024 (1. Quartal) liegen die Zahlen immer noch 17% unter dem Vor-Corona-Niveau (werktags Ø 5’200 Fahrgäste im stärksten Linienabschnitt).
Den Aufbau des Meinen-Areals als Argument für die Fischermätteli-Tram heranzuziehen, ist schlicht unseriös. Erstens gab es da auch bisher schon Arbeitsplätze, zweitens ist diese Überbauung auch durch die Tramlinien 7 und 8 erschlossen und wird bestenfalls rund hundert zusätzliche Fahrgäste pro Tag generieren (das ist im tiefen Prozent-Bereich; zur Rechtfertigung einer Tram-Erschliessung wären mehrere tausend zusätzlich).
Aus dem Amt für ÖV verlautete, der heutige Trambetrieb sei „gemäss Abklärungen der Stadt günstiger als ein Bus. Zitat:
„Das ist der Fall, weil bei einer Buslösung insgesamt mehr Fahrzeuge eingesetzt werden müssen als bei einer Tramlösung.“
(Tamedia-Artikel 30.11.24))
Diese Annahme ist doppelt unhaltbar:
Erstens ist die Auslastung des Fischermättli-Asts weit weg von der Kapazitätsgrenze. Hier genügen auch kleinere Fahrzeuge, und muss der Takt nicht erhöht werden. Also bräuchte es selbst bei einem 1:1-Ersatz keine zusätzlichen Busse und Chauffeure.

Die naheliegende Lösung ist aber noch besser, denn zweitens müsste das Tram nicht 1:1 ersetzt, sondern die parallele Linie 17 würde zwischen Endstation und Brunnhof durch den oberen Mattenhof auf die bisherige Tramlinie umgelegt, statt via Loryplatz zu fahren.
Genau dies hat Bernmobil in den letzten Jahren bei mehreren Baustellenphasen während vieler Monate bereits ohne Probleme praktiziert.
Die RKBM hält uns vor, es handle sich nicht um eine neue Tramlinie, sondern um die Sanierung einer bestehenden Strecke.

(Medienmitteilung RKBM vom 22.11.24)
Wir sprechen nie von einer «neuen Tramlinie», wie es die RKBM unterstellt, sondern von einem «Neubau» (der bestehenden Linie).
Denn es ist keineswegs nur eine übliche Gleissanierung, sondern geplant ist der vollständige Neubau der gesamten Tram-Infrastruktur auf dem 1.1 km langen Abschnitt ab der Linienverzweigung Effingerstrasse/Brunnhof bis Endstation.
Die RKBM unterstellt uns, wir wollten auch bei der Ostring-Tramlinie „nichts anderes als deren Abschaffung.“

(Medienmitteilung RKBM vom 22.11.24)
Nach Inbetriebnahme des Trams Ostermundigen (vermutlich ab 2032) wird der Ostring-Tram-Ast zwar „überzählig“, aber muss sicher nicht „abgeschafft“ werden.
Er wird als nicht durchgebundener Ast im Zentrum wenden müssen. Hierfür gibt es mehrere plausible und verträgliche Varianten. Die beste in Verbindung mit der Tramachse Bundesgasse (z.b. Schleife Schwanen-/Christoffelgasse).
Und bis dahin fällt wie erwähnt jegliche Tramwende weg, weil der Worb-Ast nach Einstellung des Fischermättelitrams in den Weissenbühl durchgebunden wird.
Die RKBM geht nicht auf die Einsparungen der Betriebskosten ein, welche durch eine Buslösung mittels Umlegung der Linie 17 entstünden. Grund: diese sei verworfen worden, weil, so die Behauptung, damit „eine starke Verschlechterung des ÖV-Angebots verbunden“ wäre.

Ferner sagt sie, die Kosten bei „direkter Umstellung des Tramasts auf Busbetrieb (radiale Buslinie mit E-Fahrzeugen)“ würde mittel-/ langfristig im Vergleich zum Tram um 0,15 bis 0,2 Mio Franken/Jahr zunehmen.

(Medienmitteilung RKBM vom 22.11.24)
Worin genau die „Verschlechterung“ bestehen sollte, wird nicht ausgeführt.
Eine Verschlechterung wird nicht eintreten, im Gegenteil:
Der Tramersatz durch Umlegung der E-Buslinie 17 im Abschnitt Brunnhof – Fischermätteli ergibt eine Win-win-Situation:

– Attraktive Taktverdichtung gegenüber heutigem Tram;

– Und um mindestens 1.5 Mio Franken jährlich reduzierte Betriebskosten.

Die Kostenangabe der RKBM (0,15 bis 0,2 Mio) bezieht sich auf eine konstruierte, nicht erwünschte Variante (1:1-Ersatz), und ist nicht mehr als eine Schätzung.

Das Wichtigste:

  • sehr schwache Auslastung der heutigen Tramlinie:
    – Minimalanforderung AGV seit 5 Jahren nicht erfüllt;
    – keine einzige der 12 Hauptbuslinien in Bern hat weniger Fahrgäste als dieses Tram!
    – nur minimales Steigerungspotenzial
  • nicht Mehrbelastung, sondern Entlastung Hirschengraben/Stadtzentrum – auch nach Inbetriebnahme Tram Ostermundigen
  • Nebst Einsparung der Investitionskosten mind. 1.5 Mio CHF/Jahr niedrigere Betriebskosten:

https://www.derbund.ch/907229485801

https://www.bernerzeitung.ch/907229485801


Panoramabild mit einem Fischermättli-Bus, der bei der Endstation in die Könizstrasse Richtung Weyermatt einbiegt.
= Mehrfach erfolgreich „getesteter“ Betrieb dank Baustellen mit Bus-Ersatz fürs Tram, und mit genau der von uns vorgeschlagenen Lösung (17er-Bus).

Die Alternative lautet: Tramberieb auslaufen lassen und Umstellung auf Bus an die Hand nehmen – genauso wie es z.B. 2023 monatelang funktioniert hat und wie es aktuell (Sommer 24) wieder funktioniert (jedesmal wegen Bauarbeiten an diversen Stellen des Netzes).

Gründe:

  • Drei Jahre nach Rückweisung durch die Kommission PVS legt der Gemeinderat den als Sanierung getarnten „Gleisersatz“ von Brunnhof bis Fischermätteli (1,16 km) erneut vor. Faktisch ist es ein vollständiger Neubau der gesamten Tram-Infrastruktur.
  • Mit einem Fachbericht liess sich der Gemeinderat seine Haltung bestätigen. Der Bericht lässt jedoch genug Interpretationsspielraum, um genausogut die Umstellung auf Bus abzuleiten.
    Gemäss Bericht spreche auch die Tramwendeproblematik im Stadtzentrum gegen einen Ersatz des Fischermätteli-Trams durch die Fusion mit der Buslinie 17.
    Das Tramwenden am Bahnhof kann jedoch einfach und in effizienter Netzlogik vermieden werden. Aber der Reihe nach:
  • Das Tram ist (fast) leer
    Die Zahlen sind krass: auch in den Spitzenstunden sind die Trams nur ¼ ausgelastet; dieser Tramlinienast erreicht seit vier Jahren nicht einmal die Minimalvorgaben der kantonalen Angebotsverordnung (AGV) und müsste eigentilch ersetzt werden; die Umstellung auf kleinere Fahrzeuge wäre zwingend.
  • Keine Verbesserungen für Veloverkehr, im Gegenteil!
    Sogar der Fachbericht belegt, dass eine Verbesserung für Velofahrende aufgrund der viel zu engen räumlichen Verhältnisse nicht möglich ist, und muss auch eingestehen, dass eine Alternativroute nicht gefunden werden konnte.
    Faktisch wird es für den Veloverkehr aufgrund geänderter Baunormen beim Haltestellen- und Gleisbau sogar noch schlimmer und gefährlicher als heute.
  • Umstellung auf Buslinie 17 möglich, günstig und ökologisch
    Der Bericht bestätigt, dass der Ersatz des Tramastes mit der angepassten Führung der Buslinie 17 praktikabel ist – nicht erstaunlich, denn dies war ja bis 2014 die offizielle Planung der RKBM und des Kantons. Die nun angeführten Nachteile sind wenig stichhaltig: Die Haltestelle Brunnhof erschliesst das Insel-Areal je nach Zielort sogar noch besser als der Loryplatz und ersetzt diesen auch als Umsteigepunkt auf die Tramlinien von und nach Westen. Die Anbindung der Insel von Schwarzenburg/Köniz wird künftig durch die Verlängerung der Buslinie Holligen bis zum Europaplatz stark verbessert.
    Für das Fischermätteli-Quartier verbessert sich mit dem 17er-Bus die ÖV-Erschliessung dank kürzerer Fahrzeit und Taktverdichtung ganz erheblich – zudem fallen 20 Monate Einschränkung des ÖV und Lärm durch die Bauarbeiten weg.
    Ebenso entfällt die für den Gleisersatz massiv nötige Grauenergie und rund 7’000 Tonnen Beton für den „Tramtrog“ (der heute nicht vorhanden ist).
  • Zukunft „unsicher“ – also „sanieren“ bzw. neu bauen? Nein!
    Der Fachbericht bestätigt, dass das „Gefäss“ Tram eigentlich zu gross und der Bedarf nicht gegeben ist. Auch das Gesamtverkehrsmodell des Kantons prognostiziert keine Steigerung, welche ein Tram rechtfertigen könnte. Relativierend wird aber immer angeführt, man könne nicht ganz sicher sein, vor allem weil noch die Evaluation einer zweiten Tramachse laufe (bis 2026).
    Deshalb, und weil sich betreffend ÖV-Netz noch „vieles in Bewegung“ befinde, sei es falsch, mit der Sanierung zu warten.
    Das ist eine sehr abenteuerliche „Logik“; angesichts der höheren Kosten für Bau und Weiterbetrieb des Tramastes im Vergleich zur Bus-Lösung wäre es eben gerade angezeigt, mit einer solchen (Fehl)investition zu warten (bzw. sie dann als überflüssig zu erkennen).
    Eine überzeugende und zukunftsfähige Alternative liegt auf der Hand, und wird aktuell täglich vorgeführt, weil der 17er-Bus den Fischermätteli-Ast bedient. Er kann sogar die Velos am Brunnmattstutz überholen, das Tram kann das nicht.
    Logisch ist also nur, angesichts dieser Unsicherheiten sicher nicht jetzt so eine Grossinvestition (fast 43 Mio) zu tätigen.
  • Keine Tramwenden mehr im Stadtzentrum – leicht machbar!
    Der Fachbericht sucht akribisch nach Komplikationen, welche durch eine Tramwende im Bahnhofumfeld nach Inbetriebnahme des Ostermundigentrams und bei Fehlen des Fischermättelis entstehen könnten.
    Tatsache ist, dass die heutige Tramwende des Weissenbühltrams ab sofort wegfallen würde bis mindestestens zur Inbetiebnahme des Ostermundigentrams, also fast 10 Jahre lang! Aber bis dahin gibt es noch viele Optionen zu prüfen.
    Nicht untersucht wurde im Bericht, wie eine konfliktbehaftete Tramwende im Zentrum verträglicher gestaltet oder ganz vermieden werden kann:
    Ab Aufhebung des Fischermätteli-Trams kann das Worb-Tram neu im Weissenbühl wenden, dann besteht ab sofort und jahrelang die gewünschte Linienast-Symmetrie ohne Tramwende.
    Ab Inbetriebnahme des Ostermundigen-Trams (2032-2034) entstünde wieder eine Asymmetrie.
    Die offiziele Planung will angeblich das Mundiger-Tram ins Fischermätteli schicken zum Wenden – nicht besonders elegant.
  • Wir sagen: Das Mundiger-Tram würde dann (irgendwann ab 2032) sicher mit einer ähnlich getakteten Linie nach Bern West durchgebunden (und sicher nicht mit dem Fischermätteli).
    Das Worb-Tram fährt dann in den Weissenbühl.
    Für den dann überzähligen Ostring-Ast der Linie 6 (nur 3 Stationen ab Burgernziel) gibt es verschiedene denkbare Optionen:
    Idealfall wäre: Bis dahin (eben in 8-10 Jahren) wird eine zweite Tramachse durch die Bundesgasse führen. Das Ostring-Tram fährt durch die Bundesgasse zum Bahnhof und wendet durch die wenig konfliktträchtige Schwanengasse und fährt entweder via Christoffelgasse/Bundesgasse oder sogar durch die Hauptgassen wieder zurück in den Ostring.
    Oder der Ostring wendet am Casinoplatz, wie das jahrzehntelang funktionierte.
    Oder der Ostring-Ast wird mit der Planung rund um den Freudenbergerplatz und die Umlegung der Autobahn ganz neu definiert, z.B. könnte das Saali-Tram dort durchfahren (statt via Egghölzli, das schon vom Worb-Tram bedient wird.
    Oder die 3 Stationen im Ostring werden mit einem Bus bedient, ev. sogar ebenfalls die Buslinie 17.
    Fazit: zu jedem Zeitpunkt ab Aufhebung des Fischermätteli-Trams wäre auf diese Weise ein viel verträglicherer Trambetrieb möglich als heute. Entweder 4 Durchmesserlinien ohne jegliche Tramwende im Stadtzentrum, oder nur eine Wende aus Osten statt wie heute aus Westen. Also:
  • Für die Fischermätteli-Linie die Buslinie 17 – diese Alternative liegt auf der Hand: Bis Ende 2026 Fischermätteli-Ast auf Bus umstellen – genau so wie das wieder im monatelangen Baustellenprovisorium 2024 bestens lief.
  • Das Weissenbühltram wird fortan mit dem Worb-Tram durchgebunden, wodurch die störende Wende des Weissenbühl-Trams im Stadtzentrum entfällt und das Bahnhofumfeld schon bald entlastet wird.
    Die Buslösung erspart der Stadt pro Jahr mindestens 0.7 Mio CHF Kostenbeiträge an den Kanton. Auch bei Bernmobil reduzieren sich die jährlichen Betriebskosten um ca. 1.5 Mio,
    und die Investitionen von 10.4 Mio fallen weg.
  • Die Sanierung der Kanalisation kann dort und dann erfolgen, wo und wann sie notwendig ist – weil die Zwangssanierung für den Bau des Gleistroges wegfällt.